Giachen Antoni Pfister-Schönenberger 1888 - 1936 in Neuhausen
Lehrer und Herausgeber der Schrift " Ord la historia e cultura da Schlans, 1931".
Dr. Alexander Pfister-Jecklin 1876-1962 in Basel
Alexander Victor Pfister musste wie viele Akademiker Bünden in jungen Jahren verlassen, blieb aber zeitlebens ein echter Sohn seiner angestammten Heimat. Sein Leben war Dienst an der Jungend als Mittelschullehrer am Mädchengymnasium in Basel und ständiges Ringen um die Wahrheit als Verfasser vielbeachteter historischer Werke.
Geboren am 30. September 1876 als Sohn von Schulinspektor J.M. Pfister, verbrachte Alexander seine Jugend in Schlans und Ilanz. Hernach besuchte er das kantonale Lehreseminar in Chur und erwarb sich 1897 das Bündner Primarlehrerpatent. Nachhaltig beeinflussten ihn damals seine Lehrer G.H. Muoth, sein Pate, G.A. Bühler und J.B. Cadotsch. Pfister wirkte hierauf als Primarlehrer in Obersaxen und besuchte in den nächsten Jahren im Sommer jeweils die Universität Bern, wo er sich das Sekundarlehrerpatent erwarb. 1901 übernahm er die Sekundarschule in Zizers. Bereits 1903 promovierte Alexander Pfister in Bern zum Doktor phil. mit der Arbeit "Die Patrioten. Ein Beitrag zur Geschichte Bündens am Ausgange des XVIII. Jahrhunderts". Er hoffte, in die Fussstapfen seines Paten treten zu können, der 1902, damals bereits kränklich, vom Bündner Grossen Rat mit der Bearbeitung einer Bündner Geschichte betraut worden war. Auch der Journalismus lockte ihn. So bezog Pfister im Winter 1903 die Universität Berlin. Von dort wurde er an das Mädchengymnasium in Basel als Lehrer für Deutsch, Geschichte und Geographie berufen, wo er von 1904-1937 wirkte. Einmal in Basel sesshaft, verheiratete sich Alexander Pfister mit einer Bündnerin, Dorothea von Jecklin. Ihre Ehe blieb kinderlos. Von Basel nach Bünden zog es die beiden bis ins Greisenalter Jahr für Jahr. Sie verbrachten die Ferien in Brigels, wo Pfister das Archiv der Familie Latour ordnete, und wechselten später von Brigels nach Churwalden, Parpan oder Lenzerheide.
In Basel wirke Prof. "Pi", so hiess er bei Lehrern und Schülerinnen nach der Abkürzung im Stundenplan, volle 33 Jahre mit grossem Erfolg. Er galt als strenger, aber stets wohlmeinender Lehrer, der ein ausgesprochenes Verständnis für die Individualität des Schülers hatte, sie gelegentlich höher einschätzte als Einordnung und Unterordnung. Die Ehrfurcht vor der werdenenden Persönlichkeit seiner Schutzbefohlenen beseelte ihn stets. Sein verhaltes und verschwiegenes Wesen erwarb das Vertrauen seiner Schülerinnen. Vielen blieb er der diskrete und weise Berater im späteren Leben. An der Kantonsschule war Alexander Pfister mit Führern der romanischen Renaissance in Berührung gekommen. So war er mit Alfons Tuor und Hans Erni befreundet und verehrte vor allem seinen Paten G.H. Muoth und seinen romanischen Lehrer G.A. Bühler. Pfister wurde Mitgliet der Societad Retoromontscha und publizierte in den "Annalas" unter dem Pseudonym Gion Perfist seine ersten Gedichte, die teilweise in Band XII der Rätoromanischen Chrestomathie von Caspar Decurtins übernommen wurden.
Mit wachem Geist verfolgte der Historiker die Bevölkerungsbewegung in Bünden, und mit kritischem Sinn, äusserter Objektivität und Akribie zeichnetet er die Parteikämpfe im Gebiet des Grauen Bundes von 1494-1794 nach. Auch das Los der Bündner Regimenter in der Fremde interessierte ihn. Parteihader und Fremdendienst mussten ihn schon recht bald zur Persönlichkeit Georg Jenatschs führen. Wohl hatte Ernst Haffter in den Jahren 1894/95 das Resultat seiner umfassenden Forschung über diese ebenso bedeutende wie umstrittene Persönlichkeit veröffentlicht. Alexander Pfister nahm die Forschung wieder auf. Jahrelang suchte er unermüdlich in den Archiven Europas. Im Jahre 1938 veröffentlichte er sein Hauptwerk, "Georg Jenatsch, sein Leben und Werk". Ein Jahr später erschien die zweite Auflage. Die Leidenschaft um die geschichtliche Wahrheit liess den Verfasser jedoch nicht ruhen. Immer wieder fand er neue Quellen. Im Jahre 1951 erschien der "Jenatsch" in seiner dritten, in gewissen Teilen wesentlich abgeänderten Fassung. Kaum war diese Arbeit abgeschlossen, brachte ihn Giusep Pelican aus Rom den neuentdeckten Briefwechsel Jenatschs mit seinem einstigen Mitbruder und Reformator St. Gabriel aus dem Jahre 1636. Mit grosser Energie machte sich Pfister an die Vorbereitung einer Herausgabe des gesamten Briefwechseln von Jenatsch, was keine Kleinigkeit war, wenn man bedenkt, dass die Korrespondenz in romanischer, italienischer, französischer, lateinischer und deutscher Sprache geführt wurde.
Die historischen Werke Pfisters gründen auf solider Quellenkenntnis und zeugen von einem abgewogenen Urteil. Sie sind in gedrängter, knapper Form mit einer Fülle von Ereignissen so ausgestattet, dass sie nicht immer leicht zu lesen sind. Wer Pfister näher stand und ihn in seiner Arbeitsweise kennenlernte, der war tief beeindruckt vom Verantwortungssinn, der stets die Feder des Historikers führte. Einzig der Wahrheit fühlte es sich verpflichtet. Wir stimmen einem Freunde zu, wenn er anlässlich seiner Hinschiedes am 7.Juli schrieb: "Alexander Pfister mutete in seinem ganzen Wesen und Tun an wie eine Bergföhre, die nur langsam wächst, aber doch Ring um Ring anlegt und dabei ein Holz von unwiderstehlicher Härte und Zähigkeit hervorbringt."
Aus dem Buch: Bedeutende Bündner aus fünf Jahrhunderten, Band II. Seite 537. Text von Gion Deplazes
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Bündner Tagblatt Montag, den 24. Juli 1961
Graubünden
Zum Gedenken an Dr. Alexander Pfister (1876-1961)
Am 7. Juli verschied in Basel ein Mann, der fern seiner bündnerischen Heimat während 33 Jahren als tüchtiger Lehrer am Mädchengymnasium tätig war, der seiner Heimat in seinem ganzen Leben treu verbunden blieb und den ein stilles Heimweh während der Ferienzeit immer wieder nach Graubünden zurückführte. Es ist Dr. Alexander Pfister, der mit allen Fasern seines Herzens an seiner romanischen Muttersprache hing und kritischen Auges das Geschehen in Graubünden verfolgte. Er war wirklich in jedem Zoll ein Bündner, ein Romane. Am 30. September 1876 im sonnigen Schlans geboren, besuchte er 1892-1897 das Lehrersemirar in Chur. Der hochbetagte, um die Glarner Geschichte überaus verdiente reformierte Pfarrer Paul Thürer, ein Churer Bürger, erzählte einmal, wie er mit dem Konviktoren Pfister manches kritische Gespräch über weltanschauliche Fragen bestritt. Den jungen Lehrer führte der Weg vorerst nach Obersaxen, das er bald mit Zizers vertauschte, wo er sich übrigens in der Tochter des Arztes Dr. Jecklin seine Gattin erkor. Allein sein lebhafter Wissensdrang liess ihn nicht ruhen und lenkte ihn bald an die Univesität Bern. Diesen Studienaufenthalt unterbrach er 1903 durch ein Wintersemester in Berlin, das ihm unvergesslich blieb. Dank vor allem der Empfehlung Prof. Gustav Toblers in Bern, dessen er noch in den letzten Jahren oft dankbar gedachte, wurde der jünge Bündner 1904 an die Töchterschule in Basel berufen. Seine Dissertation über die Bündner Patrioten weckten, angesichts der problematischen Stellungsnahme mancher Bündner Politiker zur Frage der Umgestaltung des Staatswesens in der Zeit der französischen Revolution, manche Diskussion. Etwas von seinem damaligen Erlebnis ist ihm wohl für immer geblieben, die Auffassung nämlich, dass persönliche Tüchtigkeit und Leistung jedem den Aufstieg zu höherer Stellung öffnen sollte ; namentlich hielt er aber daran unerbittlich fest, dass nur eine absolute, durch keine persönlichen Rücksichten irgenwie abgeschwächte Liebe zur historischen Wahrheit auf die Dauer bestehen könne. Als Sohn bäuerlicher Erde war Pfister ein ausgesprochenener Realist, als Lehrer ein Mann strenger Zucht und gewissenhaftester Pflichterfüllung. Die Basler führen ihn nicht von ungefähr als einen zwar strengen, aber überaus erfolgreichen Lehrer, und er durfte sich bis in die lezten Jahren oft der Beweise treuer Anhänglichkeit früherer Schülerinnen erfreuen. Alle seine zahlreichen geschichtlichen Arbeiten erwuchsen aus der Liebe zur Geschichte seines engeren Vaterlandes, besonders des ihm treuen Oberlandes, dessen Parteiengeschichte im 16. und 17. Jahrhundert er so gründlich kannte. Allein das grosse Thema seiner jahrzentelangen Forschungen wurde die Persönlichkeit von Georg Jenatsch, die wohl umstrittenste und rätselvollste Gestalt der ganzen Bündner Geschichte.